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BFSG Barrierefreiheitsstärkungsgesetz

Sie finden hier das neue Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG), das am 16. Juli 2021 (BGBl. 2021 I Seite 2970) erlassen wurde und am 28. Juni 2025 in Deutschland in Kraft tritt. Dieses Bundesgesetz heißt mit vollem Namen Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/882 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Barrierefreiheitsanforderungen für Produkte und Dienstleistungen und zur Änderung anderer Gesetze.

Dieses Gesetz dient der Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/882 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. April 2019 über die Barrierefreiheitsanforderungen für Produkte und Dienstleistungen (ABl. L 151 vom 7.6.2019, S. 70).

Das neue Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) enthält vor allem Informationen zu den Barrierefreiheitsanforderungen bei Produkten und Dienstleistungen inkl. Websites und Onlineshops. Es passt die bisherigen Barrierefreiheitsanforderungen für Produkte und Dienstleistungen der Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung (BITV), der Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) und des Behindertengleichstellungsgesetzes (BGG) an die Richtlinie 2019/882 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. April 2019 an.

BFSG (Barrierefreiheitsstärkungsgesetz) Regelungsbereiche

Dieses Bild Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) Regelungen ist lizenziert unter CC BY-NC-SA 4.0

Häufige Fragen zum BFSG

Was bedeutet BFSG?

Die Abkürzung BFSG steht für den Kurztitel „Barrierefreiheitsstärkungsgesetz“. Der volle Name des Gesetzes lautet „Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/882 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Barrierefreiheitsanforderungen für Produkte und Dienstleistungen und zur Änderung anderer Gesetze.

Wann tritt das BFSG in Kraft?

Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) tritt am 28. Juni 2025 in Deutschland in Kraft.

Für wen gilt das BFSG?

Das BFSG enthält Regelungen für Produkte und Dienstleistungen, mit Fokus auf digitalen Angebote, die nach dem 28. Juni 2025 in den Verkehr gebracht werden bzw. erbracht werden. Produkte sind nach § 2 Nr. 2 BFSG ein Stoff, eine Zubereitung oder eine Ware, der oder die durch einen Fertigungsprozess hergestellt worden ist. Ausgenommen davon sind Lebensmittel, Futtermittel, lebende Pflanzen und Tiere, Erzeugnisse menschlichen Ursprungs oder von Pflanzen und Tieren, die unmittelbar mit ihrer künftigen Reproduktion zusammenhängen. So gilt das BFSG etwa für Computer, Geldautomaten, E-Books oder Fahrausweisautomaten. Daneben gilt das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz für Dienstleistungen wie beispielsweise Webseiten, E-Commerce, elektronische Tickets und mobilen Anwendungen.
Fällt ein Produkt oder eine Dienstleistung innerhalb des Geltungsbereiches des BFSG, müssen Händler, Hersteller, Importeure und Dienstleistungserbringer die Barrierefreiheitsanforderungen erfüllen.

Ausnahmen gibt es im BFSG für Kleinstunternehmen, die im BFSG geregelte Dienstleistungen anbieten. Kleinstunternehmen sind definiert als Unternehmen, die weniger als zehn Beschäftigte aufweisen und einen maximalen Jahresumsatz von 2 Millionen Euro bzw. eine Jahresbilanzsumme von 2 Millionen Euro nicht überschreiten. Für Kleinstunernehmen, die für das BFSG relevante Produkte anbieten, gibt es keine Ausnahmeregelung.
Fällt ein Wirtschaftsakteur nicht in die in § 1 Absatz 3 BFSG aufgezählten relevanten Dienstleistungen oder erzeugt kein für das Gesetz in § 1 Absatz 2 BFSG relevantes Produkt, muss er die Regelungen des BFSG nicht beachten. Dennoch ist es möglich, dass der Anwendungsbereich des Barrierefreiheitsstärkungsgesetzes in den kommenden Jahren auf weitere Produkte und Dienstleistungen ausgeweitet wird.

Wie wird die Beschäftigtenzahl bei Kleinstunternehmen ermittelt?

Die Mitarbeiterzahl wird ermittelt aus der Zahl der Jahresarbeitseinheiten (JAE). Das heißt der Anzahl der während eines Jahres beschäftigten Vollzeitarbeitnehmer. Teilzeitbeschäftigte, Zeitarbeitskräfte und Saisonarbeiter werden nur entsprechend ihres Anteils an den JAE berücksichtigt. Auszubildende und Mitarbeiter im Mutterschafts- oder Elternurlaub sind nicht zu berücksichtigen.

Für welche Webseiten gilt das BFSG?

Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz regelt die Anforderungen hinsichtlich der Barrierefreiheit auf Webseiten von Banken, Online-Banking, Bankdienstleistungen; Personenbeförderungsdiensten im Luft-, Bus-, Schienen- und Schiffsverkehr (ausgenommen ist hier nur der Regionalverkehr); Telekommunikationsdiensten; Online-Shops und E-Commerce – auch wenn die verkauften Produkte selbst nicht in den Anwendungsbereich des BFSG fallen – und Online-Terminbuchungen wie etwa Hotel- und Reisebuchungen oder Terminbuchungen.

Was ändert sich durch das BFSG für Websites?

Das BFSG macht die Einhaltung der WCAG A plus AA-Kriterien (aktuelle Version 2.2) nun zur Pflicht. Die Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) des World Wide Web Consortiums (W3C) sind eine Reihe von internationalen Standards zur barrierefreien Gestaltung von Webinhalten. Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz fordert Maßnahmen, die Menschen mit den unterschiedlichsten Behinderungen den Zugang zu Information bzw. Dienstleistungen ermöglichen. Maßnahmen, die durch das BFSG für Webseiten verpflichtend werden, sind etwa Textalternativen für Bilder, anpassbare Schriftgrößen, ausreichend Kontrast und eine klare, verständliche Sprache. Mehr dazu unten.
Zudem ist ein Monitoring-System für die Einhaltung des BFSG vorgesehen. Bei Verstößen und Nicht-Einhaltung werden Bußgelder verhängt.

Welche Übergangsfristen gibt es für das BFSG?

Im Barrierefreiheitsstärkungsgesetz sind Übergangsfristen für Dienstleistungen unter dem Einsatz von Produkten und Selbstbedienungsterminals geregelt. Dienstleistungen, die nur mithilfe von Produkten, die in den Anwendungsbereich des BFSG fallen, erbracht werden können, dürfen bis 27. Juni 2030 weiterhin mit diesen Produkten erbracht werden, d.h. es gibt eine Übergangsbestimmung von 5 Jahren. Nicht-barrierefreie Selbstbedienungsterminals bleiben bis zum Ende ihrer wirtschaftlichen Nutzungsdauer bestehen – maximal jedoch bis 2040. Hier gilt also eine Übergangsfrist von 15 Jahren. Webseiten und Online-Shops fallen nicht unter diese Übergangsfristen und müssen ab dem 28. Juni 2025 barrierefrei gestaltet sein.

Wie eng ist der Wortlaut der Übergangsvorschriften auszulegen: wann erbringt man „Dienstleistungen unter dem Einsatz von Produkten“?

Online-Shops und Webseiten fallen nicht unter Dienstleistungen unter dem Einsatz von Produkten. Die Barrierefreiheit einer Webseite hängt nicht von der verwendeten Hardware ab. Für Online-Shops und Webseiten gilt das BFSG ab dem 29.06.2025. Dienstleistungen unter dem Einsatz von Produkten sind etwa Reparaturdienstleistungen. Diese dürfen auch nach dem Stichtag (bis 2030) die Dienstleistung mit Produkten erbringen, die ab dem 28.06.2025 barrierefrei sein müssten, wenn sie diese Dienstleistung auch schon vorher rechtmäßig mit diesen Produkten erbracht haben.

Wann erfüllt man Dienstleistungen im elektronischen Geschäftsverkehr?

Allgemein elektronischer Geschäftsverkehr ist definiert als Verkauf oder Erwerb von Warten oder Dienstleistungen über das Internet (computergestützte Netze). Ob die Auslieferung/Erbringung online oder offline erfolgt ist dabei egal. Nur die Buchung bzw. der Kauf muss online sein.
Dienstleistungen im elektronischen Geschäftsverkehr sind daher auch die Bestätigungen von Reise-Buchungen o.ä. Ausnahme sind Bestätigungen, die von Hand geschrieben sind (z.B. manuell getippte E-Mail). Unter Dienstleistungen im elektronischen Geschäftsverkehr fallen automatische bzw. vollständig elektronisch erbrachte Bestätigungen, Terminbuchungen etc. Ist das nicht der Fall, ist man nicht vom BFSG betroffen.
Ausgenommen sind hier nur Kleinstunternehmen, die auf ihrer Webseite Dienstleistungen anbieten (z.B. ein Frisör mit weniger als 10 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von unter 2 Millionen, der Terminbuchungen auf der Webseite anbietet).

Wieweit ist eine reine Info-Webseite oder Leistungs-Webseite (ohne direkte Terminbuchung) eine Dienstleistung im elektronischen Geschäftsverkehr?

Webseiten zur Präsentation von Produkten / Dienstleistungen oder Blogs, auf denen Produkte oder entsprechende Dienstleistungen nicht gegen Entgelt erworben bzw. gebucht werden können, sind nicht vom Anwendungsbereich des BFSG erfasst. Damit eine Webseite unter die Definition „Dienstleistung im elektronischen Geschäftsverkehr“ fällt, müssen Angebote vorgestellt werden und (!) Buchungen oder Zahlungen getätigt werden können.

Gilt das BFSG nur im B2C-Bereich oder auch im B2B-Bereich?

Im BFSG selbst ist definiert, dass die Anforderungen grundsätzlich nur Verbraucherprodukte und solche Dienstleistungen erfüllen müssen, die für den Verbraucher erbracht werden. Das BFSG gilt also grundsätzlich nur für Online-Shops oder Webseiten im B2C-Bereich. Allerdings muss es klar ersichtlich werden, dass es sich dabei um B2B-Shops handelt und nicht an Verbraucher verkauft wird.

Welche Änderungen müssen auf einer betroffenen Webseite umgesetzt werden?

Grundsätzlich muss eine vom BFSG betroffene Webseite ganzheitlich barrierefrei gestaltet werden. Es gibt jedoch ein paar Ausnahmen:
Inhalte, die als zeitbasierte Medien gelten (z.B. Aufgezeichnete Audio- oder Video-Dateien), müssen nicht barrierefrei gestaltet werden. Ebenso wie Inhalte, die nach dem 28. Juni 2025 nicht mehr überarbeitet oder aktualisiert werden. Fokus liegt hierbei aber darauf, dass der ganze Shop bzw. die ganze Webseite ruhen muss, nicht nur einzelne Blogbeiträge nicht mehr überarbeitet werden.
Inhalte von Dritten, die vom Inhaber weder finanziert noch entwickelt werden noch dessen Kontrolle unterliegen, müssen ebenfalls nicht barrierefrei gestaltet sein.

Achtung: Von den oben genannten Ausnahmen ausdrücklich nicht erfasst ist Drittwerbung (Banner, Popups, etc.) und Drittanwendungen (Cookie-Consent-Tools, interaktive Funktionen), weil deren Kontrolle beim Inhaber liegt.


Barrierefreiheitsstärkungsgesetz

Gesetzgebungsverfahren zum BFSG

  • 01. März 2021:
    Referentenentwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/882 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Barrierefreiheitsanforderungen für Produkte und Dienstleistungen.
  • 24. März 2021:
    Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/882 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Barrierefreiheitsanforderungen für Produkte und Dienstleistungen.
  • 22. Juli 2021:
    Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie (EU) 2019/882 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Barrierefreiheitsanforderungen für Produkte und Dienstleistungen wird vom Bundestag beschlossen.

Änderungen durch das BFSG für Websites

Das neue BFSG verpflichtet Webseiten-Betreiber und Online-Shop-Betreiber nun dazu, die internationalen WCAG-Kriterien des W3C einzuhalten. Die konkrete Ausgestaltung dieser Richtlinien obliegt dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales. In der Verordnung zum Barrierefreiheitsstärkungsgesetz werden die genauen Anforderungen hinsichtlich der Barrierefreiheit von Produkten und Dienstleistungen definiert. Künftig müssen alle für das BFSG relevanten Dienstleistungen und Produkte für Menschen mit Beeinträchtigungen wahrnehmbar, bedienbar, verständlich und robust sein. Zusätzlich müssen Webseiten ab 2025 auch eine „Erklärung zur Barrierefreiheit“ anbieten, diese muss sowohl barrierefrei als auch barrierefrei zugänglich sein.

Barrierefreiheitsaforderungen bei Produkten

  • Informationsbereitstellung über mehr als einen sensorischen Kanal wie Vorlesen rein schriftlicher Informationen.
  • Kontraste und Schriftgrößen sind so gewählt, dass auch Personen mit eingeschränkter Sehkraft die Informationen verständlich wahrnehmen können.
  • Beschreibung der Benutzerschnittstellen sowie der Handhabung des Produkts.
  • Informationen auf Produktverpackungen und Anleitungen wie Gebrauchsanweisungen müssen in mehr als einem sensorischen Kanal zur Verfügung stehen und für sehbehinderte Personen verständlich sein (Schriftgröße, Kontrast, Zeilenabstand etc.).
  • Bedienung, Steuerung und Kommunikation muss über mehr als einen sensorischen Kanal möglich sein.
  • Größe, Helligkeit und Kontrast der visuellen Elemente muss individuell einstellbar sein.
  • Alternative Farben müssen zur Verfügung stehen.
  • Manuelle Bedienung des Produkts muss auch mit geringer Feinmotorik möglich sein
  • Anpassbare Lautstärke.
  • E-Books benötigen eine Sprachausgabe.

Zusätzliche Anforderungen an Selbstbedienungsterminals wie Ticket-Automaten

  • Bei Selbstbedienungsterminals muss eine Sprachausgabe möglich sein, sowie eine Benutzung mit Einzel-Kopfhörern.
  • Bedienelemente und Tasten müssen taktil leicht erkennbar sein und einen hohen Kontrast aufweisen.

Barrierefreiheitsanforderungen an Dienstleistungen

  • Informationen müssen in mehr als einem sensorischen Kanal zur Verfügung stehen, etwa eine Vorlesefunktion für Text.
  • Gut lesbare Texte, geeigneter Kontrast (mindestens 4,5:1) und ausreichende Schriftgröße.
  • Informationen müssen wahrnehmbar, bedienbar, verständlich und robust sein.

Meinung zum BFSG

Das BFSG regelt wichtige Grundbestimmungen für eine Teilhabe und bessere Berücksichtigung von Menschen mit Einschränkungen und besonderen Bedürfnissen. Die Kunst liegt im ausgewogenen Maß der Umsetzung. So dürfte für Webshop-Betreiber die geforderte Barrierefreiheit allenfalls mit enormem finanziellen Aufwand umsetzbar sein. Es wird daher spannend, wie man im Rahmen der langen Übergangsfristen auf solche Fälle reagiert.


Anwaltlich geprüft zuletzt am 26.03.2024 Zitierweise Druckversion Fehler gefunden